Aktuelle Entwicklungen bei der Hinzurechnungsbesteuerung
Die aus den 70er Jahren stammende deutsche Hinzurechnungsbesteuerung (HZB) sollte ursprünglich als wesentliches Element des deutschen Außensteuerrechts die Abschirmwirkung ausländischer Kapitalgesellschaften durchbrechen und Gewinnverlagerungen ins niedrig besteuerte Ausland vermeiden.1

Finanzen / Recht
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Zwischenzeitlich hat sich die HZB aber zu einem massiven Investitionshindernis im Dienstleistungs- und Handelsbereich im Verhältnis zu Drittstaaten wie der Schweiz entwickelt, was vom Gesetzgeber so nicht beabsichtigt war. Zudem steht die HZB aufgrund deutlich zunehmender Aufgriffe in Betriebsprüfungen im besonderen Fokus der deutschen Finanzverwaltung. Schließlich wird die HZB als zu kompliziert und unpraktikabel sowie aufgrund des veralteten Aktivitätskatalogs und der zu hohen Niedrigsteuerschwelle von 25% als nicht mehr zeitgemäß angesehen.2 Ob die aktuelle EuGH-Rechtsprechung über die Anwendung der Kapitalverkehrsfreiheit zumindest in Substanzfällen für eine Entlastung sorgen wird bleibt abzuwarten. Dies gilt in gleicher Weise für die bereits überfällige HZB-Reform infolge der Vorgaben der EU-ATAD-Richtlinie.
Anwendungsbereich und Systematik der deutschen HZB
Die HZB ist unter folgenden, kumulativ zu erfüllenden, Voraussetzungen anwendbar:
- «Deutschbeherrschung» einer ausländischen Kapitalgesellschaft durch in Deutschland ansässige Personen,
- Niedrige Ertragssteuerbelastung mit weniger als 25%4 sowie
- Ausübung einer sog. «passiven Tätigkeit»5.
Anwendung des Motivtests auch im Verhältnis zum Drittstaat Schweiz über die Kapitalverkehrsfreiheit?
EuGH Urteil zu «X-GmbH»: HZB verstößt zwar gegen Kapitalverkehrsfreiheit, allerdings könnte Standstill- Klausel greifen
Gewährleistung des Auskunftsaustauschs im Verhältnis zur Schweiz erst ab 2011
Keine Gewerbesteuer (GewSt) auf den Hinzurechnungsbetrag gem. EuGH-Urteil vom 20.9.2018?
Reform der HZB aufgrund der Anti- Tax-Avoidance-Directive der EU (ATAD)
Aktueller Stand der HZB-Reform unklar
Vereinfachungen beim Aktivitätskatalog könnten zu Verschärfungen führen
Der Aktivitätskatalog soll zwar «entschlackt» werden, indem die komplexen und unübersichtlichen Rückausnahmen gestrichen werden. Dies dürfte aber zu Verschärfungen bei Kreditinstituten und Versicherungen sowie bei Handel und Dienstleistungen im Konzernverbund führen. Damit würden Dienstleistungs- und Handelstätigkeiten weiterhin der HZB unterliegen, was für die Praxis besonders ärgerlich wäre. Ob die Erweiterung des Motivtests auf Drittstaaten als Folge der o.g. EuGH-Rechtsprechung eine Entlastung bringen würde bleibt abzuwarten.23
Absenkung der Niedrigbesteuerungsgrenze auf 15% oder Anrechnung auf die GewSt?
Unklar ist nach wie vor die – im internationalen Vergleich dringend gebotene – Absenkung der Niedrigbesteuerungsgrenze.24 Eine Absenkung auf 15% wäre die vorzugswürdigste Variante. Alternativ wird aber eine geringere Absenkung mit Anrechnung der ausländischen Steuer auf die GewSt diskutiert, die zwar den ATAD-Vorgaben entsprechen, gleichzeitig aber eine neue Komplexität erzeugen würde.25
Fazit
Die HZB-Reform wird wohl nicht zu den erhofften (und für die Praxis besonders wichtigen) Erleichterungen im Handels und Dienstleistungsbereich führen, sondern allenfalls eine Absenkung der Niedrigbesteuerungsquote bzw. Anrechnung der ausländischen Steuern auf die GewSt sowie möglicherweise die Ausweitung des Substanztests auf Drittstaaten bringen. Damit dürfte die HZB auch zukünftig gerade im Verhältnis zur Schweiz für die Praxis ein großes Ärgernis und Investitionshindernis darstellen. Für die Vergangenheit hat der BFH in der Folgeentscheidung im «X-GmbH»-Verfahren nun die Anwendung der Standstill- Klausel im Einklang mit der Beraterauffassung verneint, mit der Folge, dass die HZB im Verhältnis zur Schweiz ab 2011 in Substanzfällen nicht mehr anwendbar sein dürfte.26

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