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Steuerreform Schweiz - Innovationsförderung mit der neuen Patentbox

29. Jan 2020
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Ein Kernelement dieser Steuerreform ist die Schweizer Patentbox, welche innovativen Unternehmen mit Forschungs- und Entwicklungs-Abteilungen (F&E) und auch Startups zur Verfügung steht.

Steuerreform Schweiz- Innovationsförderung mit der neuen Patentbox
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Finanzen / Recht

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1. Überblick

Das Schweizer Stimmvolk hat am 19. Mai 2019 das Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF) angenommen. Dieses Steuerpaket bezweckt die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz zu fördern und zu sichern sowie den Innovationsstandort Schweiz zu stärken. Gleichzeitig sollen die internationalen OECD-Richtlinien gewahrt werden. Die STAF trat per 1. Januar 2020 in Kraft und sieht die Abschaffung kantonaler Steuerprivilegien sowie im Gegenzug diverse Steuerentlastungsmassnahmen vor.

Ein Kernelement dieser Steuerreform ist die Schweizer Patentbox, welche innovativen Unternehmen mit Forschungs- und Entwicklungs-Abteilungen (F&E) und auch Startups zur Verfügung steht. Verfügt ein solches Unternehmen über geistiges Eigentum, das Patente oder auch sogenannte «vergleichbare Rechte» umfasst, so kann es von der Patentbox profitieren.

2. Die Schweizer Patentbox

2.1 Qualifikation für Patentbox

Die STAF verpflichtet die Kantone, auf Ebene der Kantons- und Gemeindesteuern das neue Instrument der Patentbox einzuführen (auf Ebene der Direkten Bundessteuer wird keine Patentbox eingeführt).Damit wird es den Kantonen ermöglicht, für qualifizierende Patente und vergleichbare Rechte eine international attraktive Besteuerung anzubieten, die sich am OECD Standard orientiert. Viele Staaten verfügen – anders als die Schweiz (mit Ausnahme des Kantons Nidwalden, der eine sog. Lizenzbox kannte, welche bereits durch eine OECD-konforme Patentbox ersetzt wurde) – schon heute über Patentboxlösungen, so z.B. Belgien, Frankreich, Irland, Italien, die Niederlande und UK.

Die OECD-Konformität verlangt, dass bei der Anwendung der Patentbox ein schädlicher Steuerwettbewerb vermieden wird. Dies soll durch zwei Massnahmenerreicht werden: Einerseits definiert der Standard die Schutzrechte, die für eine Patentbox qualifizieren können. Andererseits hat die OECD einen sog. «modifizierten Nexus-Ansatz» entwickelt. Dieser bewirkt, dass Gewinne aus der Patentnutzung nur in demjenigen Landbevorzugt besteuert werden, in dem die Forschung und Entwicklungsaufwendungen relevant angefallen sind, die zum betreffenden Patent führten.

Die Patentbox setzt bei der Besteuerung von Erträgen an (sog. «Output-Förderung») und steht grundsätzlich juristischen Personen (etwa Aktiengesellschaften oder Gesellschaften mitbeschränkter Haftung) und selbständig erwerbstätigen natürlichen Personen zur Verfügung. Wichtig ist, dass der Steuerpflichtige die für die Patentbox benötigten Angaben gut und ausreichend dokumentiert (sog. «Tracking and Tracing»). Die Patentbox steht für in- und (entsprechende)ausländische Patente und vergleichbare Rechte zur Verfügung. Dabei stellt sich die Frage, welche Rechte gemäss STAF für eine Patentbox qualifizieren.

Als «Patente» werden berücksichtigt:

  • Schweizerische Patente
  • ausländische gleichwertige Patente (z.B. in Europa, USA, Japan, China)
  • Eingetragene Gebrauchsmuster (z.B. in Deutschland, Frankreich)

Nicht als «Patente» im Sinne der Gesetzgebung gelten:

  • Marken-, Design- und Urheberrechte
  • Softwarerechte (ausser diese seien durch Patente im Rahmen «computerimplementierter Erfindungen» geschützt)
  • Geschützte Ursprungsbezeichnungen
  • Patentanmeldungen (d.h. noch nichterteilte Patente) bzw. Gebrauchsmusteranmeldungen

Als «vergleichbare Rechte» qualifizieren insbesondere:

  • Topographien gemäss dem schweizerischen Topographiengesetz
  • Ergänzende Schutzzertifikate nach dem schweizerischen Patentgesetz und deren Verlängerung
  • Unterlagen, die nach dem Schweizer Heilmittelgesetz geschützt sind
  • Pflanzensorten, die nach dem Schweizer Sortenschutzgesetz geschützt sind
  • ausländische gleichwertige Rechte 

Für die Praxis ist es bedeutsam, dass auch solche Rechte für eine Patentbox qualifizieren, die nicht das ganze Produkt oder Verfahren beschlagen, sondern z.B. nur einzelne Bestandteile davon.

 

2.2 Ermittlung des Boxengewinns

Konkret sieht die Patentbox-Regelung vor, dass der Gewinn aus qualifizierenden Patenten und vergleichbaren Rechten ermässigt besteuert wird. Die Ermässigung erfolgt durch eine teilweise Freistellung des qualifizierenden Gewinnes (d.h. der privilegierte Anteil des Boxengewinnes wird nicht besteuert).

In einem ersten Schritt ist der Boxen gewinn zu ermitteln, der sich in der Regel auf Basis der administrativ einfacheren Residualmethode bestimmt. Ausgangspunkt bildet dabei der Gewinnaus dem Produkt oder, falls dieser nicht feststellbar ist, der gesamte Gewinn eines Unternehmens. Anschliessend werden alle Gewinnanteile, die nicht in Verbindung mit Patenten und vergleichbaren Rechtenstehen, aus der Patentbox herausgerechnet und ordentlich besteuert. Der Boxengewinn wird zudem bereinigt durch den modifizierten Nexus-Ansatz. Rechnerisch beruht dieser auf dem sog. Nexus-Faktor, welcher sich aus dem prozentualen Verhältniszwischen den qualifizierenden zu den gesamten F&E-Aufwendungen ergibt (nicht qualifizierend sind beispielsweise Ausgaben für die Auftragsforschung von ausländischen Konzerngesellschaften). Der Nexus-Quotient kann maximal 100 Prozent betragen.

Die Höhe der in einem zweiten Schritt auf dem berechneten Boxengewinn gewährten Ermässigung kann jeder Kantoninnerhalb der gesetzlich vorgegebenen Schranken eigenständig definieren. Die maximal mögliche Ermässigung beträgt 90 %, d.h. es werden mindestens 10 % des Boxengewinnes ordentlich besteuert. Nach aktuellem Stand (anfangs August 2019) sehen die folgenden Kantone eine Patentbox-Ermässigung von weniger als 90 % vor: AI, GE, GL, LU 10 Prozent, NE 20 Prozent; UR 30 Prozent; TG 40 Prozent; AR, SG 50 Prozent und GR 70 Prozent (Spezialfall: VD). Insbesondere in Kantonen, die nur eine geringe Ermässigung vorsehen, ist der Nutzen einer möglichen Steuererleichterung im Vergleich zum administrativen Aufwand und den Initialkostengenau zu prüfen.

2.3 Eintritt in die Patentbox

Der Steuerpflichtige hat die Besteuerung nach der Patentbox zu beantragen. Ein Eintritt in die Patentbox bedingt grundsätzlich, dass über die bisherigen steuerlich berücksichtigten F&E Aufwendungen auf qualifizierenden Patenten und vergleichbaren Rechten abgerechnet wird (der steuerliche Sonderabzug für F&E ist ebenfalls zu beachten). Dies bedeutet, dass diese Aufwendungen im Zeitpunkt des Eintritts in die Patentbox dem steuerbaren Gewinnhinzugerechnet werden müssen, wobei eine (amortisierbare) versteuerte stille Reserve gebildet wird. Die Kantone haben jedoch auch die Möglichkeit, die steuerliche Abrechnung innert 5 Jahren ab Beginn der ermässigten Besteuerung auf andere Weiseattraktiver sicherzustellen. 

3. Sonderabzug für Forschung & Entwicklung

3.1 Einführung eines steuerlichen Sonderabzuges 

Die STAF ermächtigt die Kantone zudem, einen steuerlichen Sonderabzug für qualifizierende Forschung und Entwicklung einzuführen (auf Ebene der Direkten Bundessteuer besteht diese Möglichkeit nicht). Unter dem Begriff «Forschung und Entwicklung» werden wissenschaftliche Forschung (Grundlagenforschung und anwendungsorientierte Forschung) sowie wissenschaftsbasierte Innovation (die Entwicklung neuer Produkte, Verfahren, Prozesse und Dienstleistungen für Wirtschaft und Gesellschaft durch Forschung und die Verwertung ihrer Resultate) verstanden. Grundsätzlich qualifizieren nur F&E Aktivitäten für den Sonderabzug, die örtlich in der Schweiz stattfinden. Der Sonderabzug setzt auf der Aufwandseite an (sog. «Input-Förderung») und steht grundsätzlich juristischen Personen und selbständig erwerbstätigen natürlichen Personen zur Verfügung. Auch hier ist in Bezug auf die für den steuerlichen Sonderabzug benötigten Angaben eine genaue, nachvollziehbare Dokumentation notwendig. 

3.2 Ausgestaltung des Sonderabzuges

Konkret sieht der steuerliche Sonderabzug für qualifizierende Forschung & Entwicklung vor, dass nebst dem tatsächlich angefallenen geschäftsmässig begründeten Aufwand ein Sonderabzug berücksichtigt werden kann für
  1. eigenen (direkt zurechenbaren) Personalaufwand für F&E,
  2. zuzüglich eines pauschalen Zuschlages von grundsätzlich 35 % auf diesen Personalkosten – zur pauschalen Abgeltung der übrigen Kosten (wie etwa Miete, Strom, etc.) – und 80 % des in Rechnung gestellten F&E Aufwandes, sofern dieser durch Dritte im Inland entstanden ist (Auftragsforschung).
Die steuerpflichtige Person muss den F&E-Sonderabzug beantragen. Die Kantone können maximal einen anderthalbfachen Sonderabzug vorsehen, d.h. einen steuerlichen «Zuschlag» von maximal 50 %. Nach aktuellem Stand (Anfang August 2019) werden die Kantone AI, BS,GL, GR, LU, NW und UR keinen F&E-Sonderabzug einführen, und die Kantone BL,SG, TG und SH werden in den kantonalen Steuergesetzen einen Abzug von weniger als 50 Prozent vorsehen (Spezialfall: VD).Steuerlich bewirkt der Sonderabzug eine Reduktion der Bemessungsgrundlage. Auf den handelsrechtlich ausgewiesenen Gewinn hat der steuerliche Sonderabzug keine direkten Auswirkungen. Der Sonderabzug für qualifizierende Forschung & Entwicklung unterliegt, wie auch die Patentbox, der gemäss STAF einzuführenden (kantonalen) Entlastungsbegrenzung, die eine gewisse Mindestbesteuerung garantiert.

4. Fazit

Bereits heute zeigt sich, dass die neue Patentbox insbesondere auch für innovative KMU ein attraktives Steuerplanungsinstrument sein kann. Die Patentbox-Steuererleichterung und der F&E-Sonderabzug werden dabei nicht automatisch gewährt, sondern müssen bei den Steuerbehördenbeantragt werden. Für den Steuerpflichtigen besteht eine Dokumentationspflicht für die zugrundeliegenden Daten. Der technische Zusammenhang zwischen F&E und Produkt oder Verfahren bzw. deren Bezug zu qualifizierenden Patenten odervergleichbaren Rechten ist dabei systematisch festzuhalten, damit der Zusammenhangzwischen Forschung und Patentbelegt werden kann (Tracking and Tracing).

Es ist in jedem Fall empfehlenswert, frühzeitig die Erfassung der notwendigen Daten zu organisieren, beispielsweisedurch die Definition entsprechender Analysen und Reports. Dabei sollten die verschiedenen für die Patentbox infrage kommenden Patente individuell beurteilt werden, da der Nexus-Faktor pro Patent oder wie oben erwähnt pro Produkt berechnet wird. Aufgrund der speziellen buchhalterischen, steuerlichen und patentrechtlichen Fragestellungen kann ein Outsourcing der entsprechenden Prozesse in Betracht gezogen werden.

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