Verrechnungspreise: Anwendung der Kostenaufschlagsmethode in der Praxis
In der deutschen Verrechnungspreispraxis ist die Kostenaufschlagsmethode insbesondere bei Konzerndienstleistungen oder -auftragsfertigungen die mit Abstand am häufigsten angewandte Verrechnungspreismethode, weil diese Methode relativ einfach anwendbar ist und für die übrigen Methoden oftmals keine Fremdvergleichswerte verfügbar sind. Diese Vorteile überwiegen die Nachteile in Form einer Unterstellung eines sicheren Gewinns sowie die fehlende Einbeziehung der Nachfrageverhältnisse.
Bei der Anwendung der Kostenaufschlagsmethode wird ein fremdüblicher Gewinnaufschlag auf die Selbstkosten erhoben. Zur Vermeidung der Vergütung von Unwirtschaftlichkeiten durch den Leistungsempfänger wird in der überwiegenden Kommentierung und BFH-Rechtsprechung1 eine Anwendung auf Plankostenbasis befürwortet, was aber ein prognoseorientiertes Rechnungswesen erfordert. Zudem ist ein regelmäßiger Soll-Ist-Vergleich zur Vermeidung von Kostenmanipulationen und zur Vornahme von Anpassungen bei Beschäftigungsänderungen erforderlich, verbunden mit einer Aufteilung in variable und fixe Kosten. Diese hohen Anforderungen an die Verwendung von Plankosten stellen gerade mittelständische Unternehmen vor grosse Herausforderungen, weswegen in der Praxis häufig eine Anwendung der Kostenaufschlagsmethode auf Istkostenbasis erfolgt, was von der Finanzverwaltung akzeptiert wird.
Bei der Anwendung der Kostenaufschlagsmethode in der Praxis sind nach unseren Erfahrungen folgende Besonderheiten zu beachten:
- Sofern der Auftragnehmer/Dienstleister auch Umsätze außerhalb der Auftragsfertigungs-/Dienstleistungsverhältnisse erbringt, sind die mit diesen Umsätzen zusammenhängenden Kosten von der Kostenbemessungsgrundlage auszunehmen. Deren Ermittlung erfordert bei komplexeren Kostenstrukturen die Einrichtung einer Kostenstellenrechnung.
- Bestandsveränderungen sind bei der Ermittlung der Kostenbemessungsgrundlage zu berücksichtigen, um sicherzustellen, dass nur die mit der finalen Leistungserbringung verbundenen Kosten abgerechnet werden.
- Bei einer Abrechnung auf Plankostenbasis unter Einbeziehung von Erfahrungswerten der Vergangenheit vermeidet ein regelmässiger Soll-Ist-Vergleich2 Kostenmanipulationen und ermöglicht Anpassungen bei ungeplanten Lohn- und Materialpreissteigerungen.
- Bei einer Abrechnung auf Istkostenbasis ist darauf zu achten, dass Unwirtschaftlichkeiten nicht in die Kostenbemessungsgrundlage einbezogen werden.
- Bei einer hohen Materialaufwandsquote besteht das Risiko, dass die deutsche Finanzverwaltung in Outbondfällen nicht den vollen Gewinnaufschlag auf den Materialaufwand, sondern nur eine deutlich niedrigere Handlingfee akzeptiert, sofern der Auftragsfertiger keine wesentliche Beschaffungsfunktion ausübt.3
- Auch beim Bezug von externen Dienstleistungen kann sich die Frage der Höhe des anzuwendenden Gewinnaufschlags stellen. Sofern mit diesen Leistungen keine weitere Wertschöpfung des Konzerndienstleisters/-auftragsfertigers verbunden ist, dürfte der volle Gewinnaufschlag auf die externen Kosten nicht gerechtfertigt sein.
- Aussergewöhnliche Aufwendungen infolge einer unzureichenden Unternehmensführung (beispielsweise hohe Abfindungen für Führungskräfte oder Schadensfälle in der Produktion) sind unter Fremdvergleichsaspekten nicht in die Kostenbemessungsgrundlage einzubeziehen.
- Betriebsfremde Aufwendungen, wie beispielsweise Spenden, sind ebenso wenig in die Kostenbemessungsgrundlage einzubeziehen.
- Bei der Anwendung der Kostenaufschlagsmethode im Rahmen von Kostenumlagen ist darauf zu achten, dass Kosten, die nach dem sog. „Benefit Test“ der OECD-Verrechnungspreisgrundsätze keine verrechenbaren Dienstleistungen darstellen, nicht in die Kostenbemessungsgrundlage einbezogen werden (insbesondere Tätigkeiten im Interesse des Gesellschafters, sog „shareholder activities“). Dies gilt bei Routineunternehmen als Leistungserbringer in gleicher Weise für Wechselkursverluste, weil diese vom Strategieträger zu tragen sind.
- Fremdfinanzierungsaufwendungen können bei einer der Finanzierung zugrunde liegenden betrieblichen Finanzierung in die Kostenbemessungsgrundlage einbezogen werden.
- Die Höhe des Gewinnzuschlags sollte sich zunächst an der Kostenrendite orientieren, die bei vergleichbaren Geschäften mit unverbundenen Unternehmen erzielt werden (interne Kostenaufschlagsmethode). Ist dies nicht möglich, bemisst sich der Gewinnzuschlag nach der Wertigkeit der Dienstleistung/Auftragsfertigung sowie dem Funktions- und Risikoprofil des leistenden Unternehmens und bewegt sich im Regelfall zwischen 5 % und 15 %. Routinedienstleistungen unterstützender Art mit geringer Wertschöpfung wie beispielsweise konzerninterne IT-, Personal- oder Buchhaltungsdienstleistungen können nach den sowohl von der deutschen als auch Schweizer Finanzverwaltung angewandten OECD-Verrechnungsleitlinien mit einem Gewinnzuschlag von 5 % abgerechnet werden.4
Praxishinweis: In Betriebsprüfungen ist bei deutschen Tochtergesellschaften von Schweizer Unternehmen weniger die Höhe des Gewinnaufschlags als vielmehr die Vollständigkeit der Kostenbemessungsgrundlage Prüfungsgegenstand. Demgegenüber erfolgt nach unseren Erfahrungen im umgekehrten Fall einer Schweizer Tochtergesellschaft über die Anwendung der Kostenaufschlagsmethode anstelle der Preisvergleichs- oder geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode durch die deutsche Betriebsprüfung häufig eine deutliche Verringerung von deren Gewinnanteil (mit einer Begrenzung auf einen Gewinnaufschlag von maximal 5 %). Eine damit verbundene Doppelbesteuerung kann durch die Einleitung eines Verständigungsverfahrens5 nach dem DBA Deutschland Schweiz vermieden werden.
1 Vgl. hierzu sowie allgemein zur Anwendung der Kostenaufschlagsmethode das BFH-Urteil vom 09.08.2023, I R 54/19, BStBl II 2024, 675.
2 Die deutsche Finanzverwaltung erwartet beim Plankostenansatz einen Istkostenabgleich, vgl. Braun/Hoffmann, der Verrechnungspreis-Kompass, 86.
3 Vgl. hierzu das BFH-Urteil vom 09.08.2023, I R 54/19, BStBl. II 2024, 675.
4 Vgl. Tz. 7.45ff. OECD-Leitlinien 2022.
5 Vgl. hierzu das Merkblatt des Bundesministeriums für Finanzen vom 24.9.2025, BStBl. I 2025, 1738.
