Arbeitsrecht Schweiz: Ein umfassender Leitfaden für deutsche Unternehmen
Die Schweiz lockt mit ihrer stabilen Wirtschaft, hohen Löhnen und exzellenten Lebensqualität. Für deutsche Unternehmen und Fachkräfte ist das Arbeiten in der Schweiz als Deutscher daher eine äusserst attraktive Option. Doch der Schritt über die Grenze birgt auch rechtliche Hürden. Das Arbeitsrecht der Schweiz unterscheidet sich in wesentlichen Punkten vom deutschen, und Unkenntnis kann zu empfindlichen Bussen oder sogar Arbeitsverboten führen.
Dieser Leitfaden gibt Ihnen, basierend auf den Informationen der Handelskammer Deutschland-Schweiz, einen fundierten Überblick über die wichtigsten Grundlagen, Rechte und Pflichten im Schweizer Arbeitsverhältnis. So navigieren Sie sicher durch die rechtlichen Rahmenbedingungen und vermeiden kostspielige Fehler.
Inhaltsverzeichnis
- Der Arbeitsvertrag in der Schweiz: Was Sie wissen müssen
- Arbeits- und Aufenthaltsbewilligungen: Der Weg zur Beschäftigung
- Lohn, Lohnabzüge und Steuern in der Schweiz
- Arbeitszeit und gesetzlicher Ferienanspruch
- Arbeitsschutz und Sozialversicherungen
- Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Kündigungsschutz
- FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Arbeitsrecht in der Schweiz
Der Arbeitsvertrag in der Schweiz: Was Sie wissen müssen
Die Basis jedes Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitsvertrag. In der Schweiz gilt zwar grundsätzlich die Vertragsfreiheit, was bedeutet, dass ein Arbeitsvertrag in der Schweiz auch mündlich gültig ist. Aus Beweisgründen ist jedoch ein schriftlicher Vertrag dringend zu empfehlen. Geregelt sind die wesentlichen Bestimmungen im Schweizerischen Obligationenrecht (OR).
Folgende Punkte sollten im Vertrag klar geregelt sein:
- Vertragsparteien: Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
- Beginn des Arbeitsverhältnisses: Das genaue Eintrittsdatum.
- Funktion: Eine klare Beschreibung der Tätigkeit und der Kompetenzen.
- Lohn: Die Höhe des Gehalts und allfällige Zusatzleistungen.
- Arbeitszeit: Die wöchentliche Arbeitsdauer.
Probezeit Gesetz
Sofern nicht anders vereinbart, gilt im ersten Monat eine gesetzliche Probezeit. Während dieser Zeit kann das Arbeitsverhältnis von beiden Seiten mit einer Kündigungsfrist von sieben Tagen beendet werden. Im Vertrag kann die Probezeit gesetzlich auf bis zu drei Monate verlängert werden.
Befristeter Arbeitsvertrag
Ein befristeter Arbeitsvertrag in der Schweiz endet automatisch zum vereinbarten Zeitpunkt, ohne dass eine Kündigung erforderlich ist. Vorsicht ist bei aneinandergereihten befristeten Verträgen ("Kettenverträge") geboten: Gerichte können diese unter Umständen als einen einzigen unbefristeten Vertrag werten, was weitreichende Folgen hat.
Arbeits- und Aufenthaltsbewilligungen: Der Weg zur Beschäftigung
Für deutsche Staatsangehörige ist das Arbeiten in der Schweiz durch das Personenfreizügigkeitsabkommen erleichtert. Dennoch ist eine formelle Anmeldung oder eine Bewilligung unerlässlich.
- Kurzzeiteinsätze (bis 90 Tage): Für eine Erwerbstätigkeit von bis zu 90 Tagen pro Kalenderjahr ist für EU-Bürger das sogenannte Meldeverfahren ausreichend. Die Meldung muss online und mindestens acht Tage vor Arbeitsbeginn erfolgen.
- Langzeiteinsätze (über 90 Tage): Wer länger als drei Monate in der Schweiz arbeitet, benötigt eine Aufenthaltsbewilligung. Für Grenzgänger zwischen der Schweiz und Deutschland ist die sogenannte Grenzgängerbewilligung Schweiz (Ausweis G) relevant. Diese wird bei der zuständigen kantonalen Behörde beantragt.
Lohn, Lohnabzüge und Steuern in der Schweiz
Ein zentrales Thema sind der Lohn und die damit verbundenen Abzüge. Anders als in Deutschland gibt es in der Schweiz keinen landesweiten gesetzlichen Mindestlohn. Die Lohnuntergrenzen werden oft durch allgemeinverbindlich erklärte Gesamtarbeitsverträge (GAV) oder kantonale Regelungen bestimmt.
Lohnabzüge
- Die typischen Lohnabzüge in der Schweiz setzen sich wie folgt zusammen:
- Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), Invalidenversicherung (IV), Erwerbsersatzordnung (EO): Dies ist die erste Säule der Schweizer Vorsorge. Die AHV Schweiz für Ausländer ist somit obligatorisch.
- Arbeitslosenversicherung (ALV): Obligatorische Versicherung gegen Arbeitslosigkeit.
- Berufliche Vorsorge (BVG / Pensionskasse): Die zweite Säule, obligatorisch ab einem gewissen Jahreseinkommen.
Nichtberufsunfallversicherung (NBU): Deckt Unfälle ausserhalb der Arbeitszeit.
Quellensteuer für Deutsche Arbeitnehmer
Arbeitnehmer ohne Niederlassungsbewilligung C (typischerweise in den ersten fünf Jahren) unterliegen der Quellensteuer. Das bedeutet, die Quellensteuer für Deutsche wird vom Arbeitgeber direkt vom Lohn abzogen und an die Steuerbehörde abgeführt.
Arbeitszeit und gesetzlicher Ferienanspruch
Das Schweizer Arbeitsgesetz (ArG) regelt die Höchstarbeitszeiten.
- Maximale Arbeitszeit: Für die meisten Angestellten liegt die Obergrenze bei 45 oder 50 Stunden pro Woche.
- Überstunden und Überzeit: Stunden, die über die vertragliche Arbeitszeit hinausgehen, sind Überstunden. Stunden, die die gesetzliche Höchstarbeitszeit überschreiten, sind Überzeit und müssen mit einem Zuschlag von 25 % oder durch Freizeit ausgeglichen werden.
Der gesetzliche Ferienanspruch in der Schweiz beträgt:
- Mindestens 4 Wochen pro Jahr für alle Arbeitnehmenden.
- Mindestens 5 Wochen pro Jahr für Angestellte bis zum vollendeten 20. Lebensjahr.
Arbeitsschutz und Sozialversicherungen
Der Arbeitgeber hat eine gesetzliche Fürsorgepflicht und muss die Gesundheit seiner Mitarbeiter am Arbeitsplatz schützen. Ein wichtiger Teil davon sind die obligatorischen Versicherungen.
Die Unfallversicherung in der Schweiz für Arbeitgeber ist obligatorisch. Sie deckt Berufsunfälle (BU) und Berufskrankheiten. Die Prämien für die BU trägt vollumfänglich der Arbeitgeber. Die Prämien für die Nichtberufsunfallversicherung (NBU) gehen in der Regel zulasten des Arbeitnehmers, werden aber vom Arbeitgeber vom Lohn abgezogen.
Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Kündigungsschutz
Im Arbeitsrecht der Schweiz herrscht das Prinzip der Kündigungsfreiheit. Das bedeutet, dass beide Parteien das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Fristen ohne Angabe von Gründen beenden können.
Kündigungsfristen
Die gesetzlichen Kündigungsfristen nach der Probezeit sind:
- Im 1. Dienstjahr: 1 Monat
- Vom 2. bis zum 9. Dienstjahr: 2 Monate
- Ab dem 10. Dienstjahr: 3 Monate
Diese Fristen können vertraglich angepasst werden, dürfen aber für Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht unterschiedlich lang sein.
Kündigungsschutz
Der Kündigungsschutz in der Schweiz ist nicht so stark ausgebaut wie in Deutschland. Es gibt keinen allgemeinen Schutz vor Entlassung. Der Schutz konzentriert sich auf zwei Bereiche:
- Missbräuchliche Kündigung: Eine Kündigung aus diskriminierenden Gründen (z.B. wegen Herkunft, Geschlecht, Gewerkschaftszugehörigkeit) ist missbräuchlich. Das Arbeitsverhältnis wird dadurch zwar beendet, der gekündigten Person kann aber eine Entschädigung von bis zu sechs Monatslöhnen zustehen.
- Kündigung zur Unzeit: Während bestimmter Sperrfristen ist eine Kündigung durch den Arbeitgeber nichtig (z.B. bei Krankheit/Unfall, Schwangerschaft oder Militärdienst).
Eine fristlose Kündigung ist nur aus wichtigem Grund möglich, der die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar macht.
FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Arbeitsrecht in der Schweiz
Was ist die gesetzliche Kündigungsfrist in der Schweiz?
Nach der Probezeit beträgt die Frist im ersten Dienstjahr einen Monat, danach zwei Monate und ab dem zehnten Dienstjahr drei Monate, jeweils auf das Ende eines Monats. Vertragliche Abweichungen sind möglich.
Ist ein schriftlicher Arbeitsvertrag in der Schweiz obligatorisch?
Nein, ein Arbeitsvertrag ist auch mündlich gültig. Ein schriftlicher Vertrag wird jedoch dringend empfohlen, um die Rechte und Pflichten beider Seiten klar festzuhalten und Missverständnisse zu vermeiden.
Welche Lohnabzüge sind in der Schweiz üblich?
Die wichtigsten Lohnabzüge sind für die AHV/IV/EO, die Arbeitslosenversicherung (ALV), die Pensionskasse (BVG) und die Nichtberufsunfallversicherung (NBU).
Was ist die Quellensteuer?
Die Quellensteuer ist eine Steuer, die direkt vom Lohn ausländischer Arbeitnehmer ohne Niederlassungsbewilligung C abgezogen wird. Der Arbeitgeber führt sie direkt an die Steuerverwaltung ab.
Brauche ich als Deutscher eine Bewilligung, um in der Schweiz zu arbeiten?
Ja. Für Einsätze bis 90 Tage genügt eine Online-Meldung. Für eine längere Beschäftigung oder als Grenzgänger ist eine entsprechende Aufenthalts- bzw. Grenzgängerbewilligung erforderlich.
Wie hoch ist der gesetzliche Ferienanspruch für Arbeitnehmende in der Schweiz?
Der Anspruch beträgt gesetzlich mindestens vier Wochen pro Jahr. Für Arbeitnehmende bis zum vollendeten 20. Lebensjahr sind es fünf Wochen.
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